Nach einem erneuten Massaker an Zivilisten in der Protesthochburg Homs rückt Russland von dem syrischen Regime ab. Der US-Generalstabschef erwägt erstmals ein militärisches Vorgehen gegen Syrien
Das bislang verheerendste Massaker an Zivilisten in Syrien hat weltweit Entsetzen und Empörung ausgelöst. Die internationale Gemeinschaft kritisierte das Blutbad scharf. Dabei sollen am Freitag in Al-Hula in der Provinz Homs mehr als 110 Menschen - etwa ein Drittel davon Kinder - ums Leben gekommen sein. Die Rufe nach einem Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad wurden lauter. Der Uno-Sicherheitsrat in New York verurteilte das Massaker nach einer Sondersitzung am Sonntag "mit den stärksten möglichen Worten". Das Regime in Damaskus wies jede Schuld von sich und schrieb die Tat "terroristischen Banden" zu.
Das Massaker von Al-Hula gilt als schlimmste Gräueltat an einem Ort seit dem Ausbruch der Proteste gegen das Assad-Regime vor fast 15 Monaten. Syrische Aktivisten berichteten am Montag von neuen Bluttaten. Bei einem Angriff auf Wohnviertel in der Stadt Hama mit leichten und schweren Waffen seien 34 Menschen umgekommen, unter ihnen sieben Kinder und Jugendliche. Landesweit seien von Samstag bis Montagfrüh 108 Menschen getötet worden, meldeten Aktivisten.
Der Uno-Sondervermittler für Syrien, Kofi Annan, traf am Montag in der Hauptstadt Damaskus ein. Er bezeichnete das Massaker als "schockierendes Ereignis mit schweren Folgen". Annan will am Dienstag Assad treffen und auch mit Oppositionellen sprechen. Diplomaten in der Region nannten die Visite Annans "entscheidend" für seinen Friedensplan. Die syrische Opposition und viele Experten sehen den Plan, der eine Waffenruhe beinhaltet, schon jetzt als gescheitert an.
Uno-Beobachter hatten am Samstag zunächst bestätigt, dass bei Kampfhandlungen im Ortsteil Taldo in Al-Hula mehr als 90 Menschen getötet wurden, ein Drittel von ihnen Kinder. Die Zahl wurde nach oben korrigiert, nachdem weitere Leichen entdeckt worden waren.
Augenzeugen berichteten, syrische Artillerie habe mit Raketen und Granaten auf Wohnhäuser geschossen. Anschließend seien Angehörige der gefürchteten regimetreuen Schabiha-Miliz von Haus zu Haus gegangen, um die Bewohner mit Pistolen und Messern zu ermorden.
Westliche Politiker zögerten nicht, mit dem Finger auf die Führung in Damaskus zu zeigen. US-Außenministerin Hillary Clinton forderte die internationale Gemeinschaft auf, den Druck auf Assad und "seine Spießgesellen" zu erhöhen. "Deren Herrschaft durch Mord und Angst muss ein Ende haben", forderte Clinton.
"Es ist schockierend und empörend, dass das syrische Regime seine brutale Gewalt gegen das eigene Volk nicht einstellt", hieß es in einer Stellungnahme von Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Auch die Außenminister Großbritanniens, William Hague, und Frankreichs, Laurent Fabius, und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton schlossen sich den Verurteilungen an.